05.05.2021

GAIA-X – Gemeinschaftsprojekt für eine große, europäische Cloud-Infrastruktur

Stellen Sie sich eine sichere Cloud-Landschaft vor, die ganz unabhängig von amerikanischen Großkonzernen funktioniert. Stellen Sie sich Clouds vor, deren hinterlegter Speicherplatz und Rechenleistung komplett in Europa liegen. Diese sind in der Lage die europäischen Datenschutz-Spielregeln bzw. insbesondere auch die DSGVO zu beherzigen.

Unter anderem zielt darauf das groß angelegte Projekt „GAIA-X“ ab. Insgesamt 22 deutsche und französische Unternehmen riefen das Projekt 2019 ins Leben. Die Zahl der Beteiligten steigt permanent. Doch was genau steckt dahinter und was bietet die neue, digitale Infrastruktur?

 

Was steckt hinter GAIA-X?

Im Oktober 2019 präsentierte Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier auf dem Digital-Gipfel das – nach der Göttin der Erde benannte – Projekt „GAIA-X“. Dahinter steht ein Zusammenschluss mehrerer europäischer Firmen, die ihre Serverkapazitäten miteinander verknüpfen wollen bzw. bereits begonnen haben. Dazu zählen zum Beispiel große Firmen wie Siemens und SAP oder auch mittelgroße Dienstleister, wie beispielsweise ODN und ITSMedia, die seit der Geburtsstunde dabei sind. Diese bilden eine Non-Profit-Vereinigung ohne Gewinnabsicht.

Neben inzwischen über 200 Unternehmen gibt es eine Reihe an Unterstützern aus der Bundesregierung, Wirtschaft und Wissenschaft. So gab das Bundeswirtschaftsministerium Anfang 2021 bekannt, dass es 190 Millionen Euro in „GAIA-X“ investieren will.

GAIA-X ist ein Verbund aus vielfältigen Cloud-Dienstleistern, die benutzerfreundliche, sichere und vertrauenswürdige Dienste anbieten sollen. Anwendungen, die auf GAIA-X basieren, sollen es ermöglichen, Datenmengen über Ländergrenzen hinweg in verschiedenen Branchen auszutauschen. Damit entsteht eine große Dateninfrastruktur aus bestehenden, zentralen sowie dezentralen Datennetzen. GAIA-X bietet hierfür passende Schnittstellen, in denen Unternehmen ihre Clouds zusammenfügen können.

Doch was ist die Absicht dieses Mega-Projektes? Wir fassen für Sie die Ziele zusammen.

 

Das sind die großen Ziele

Ein großes Ziel ist eine offene, digitale Infrastruktur in Europa aufzubauen, die Daten zusammenbringt und diese sicher zur Verfügung stellt. Im Grunde kann sich jedes Unternehmen bzw. jede Organisation beteiligen, um das Cloud-Netz zu erweitern. Mithilfe der Vernetzung von vor allem kleinen und mittelständischen Unternehmen soll GAIA-X weiter wachsen und die digitale Wettbewerbsfähigkeit europäischer Firmen sicherstellen. Doch GAIA-X kann noch einiges mehr.

Verschaffen Sie sich einen Überblick der Ziele:

  • Europäische Werte: Open-Source-Ansatz auf Grundlage europäischer Werte, wie Transparenz und Offenheit
  • Neue Datenräume in Europa: Aufbau eines eigenes digitalen Ökosystems
  • Datenschutz: Einhaltung hoher Sicherheitsstandards
  • Vertrauen: vertrauensvolles Teilen von Daten in einem eigenständigen Datennetz
  • Digitale Souveränität
  • Abhängigkeiten reduzieren: Verhinderung möglicher Systemausfälle und Datenschutz-Lücken durch Unabhängigkeit von amerikanischen und chinesischen Cloud-Riesen
  • Mehr Speicherplatz und Rechenleistung für Privatpersonen und Firmen bieten.
  • Innovationen in Unternehmen fördern.
  • Wertschöpfung und Beschäftigung in Europa sichern.
  • Faire und offene Cloud-Lösungen auf der gesamten Welt fördern.
  • Globale Wettbewerbsfähigkeit in der Digitalisierung erzeugen.
  • Digitalisierung in der öffentlichen Verwaltung
  • Nutzerfreundlichkeit: Erzeugung einfacher und bedienerfreundlicher Anwendungen

 

Nützliche Anwendungsfälle

Zugegeben – GAIA-X im ersten Moment in seiner Gesamtheit zu begreifen und alle damit verbundenen Möglichkeiten zu erkennen, ist nicht ganz trivial. Aus diesem Grund werfen wir einen Blick auf mögliche Anwendungsszenarien.

Beispiele für GAIA-X im Gesundheitswesen

Neben Industrie 4.0, Smart Living, öffentlicher Verwaltung, Landwirtschaft oder dem Finanzwesen bietet GAIA-X sehr viele Möglichkeiten im Bereich Gesundheit. Viele Unternehmen melden sich aktuell mit möglichen Lösungen rund um die Corona-Pandemie für das Mammut-Projekt an.

Stellen Sie sich zum Beispiel vor, es gäbe eine zentrale und intelligente Krisenplattform, auf der alle Echtzeitdaten über die Corona-Fälle, Patienteninformationen, Intensivbetten-Belegung und Impfungen verlässlich und vollständig zusammen laufen. Darauf könnten die Gesundheitsämter, Beteiligte aus der Forschung, Politik oder auch der öffentlichen Verwaltung zugreifen, um eine deutlich bessere Datenbasis für Entscheidungen zu erhalten.

Für GAIA-X braucht es übrigens nicht unbedingt eine Pandemie.

Wussten Sie zum Beispiel, dass sehr viele Patienten/innen in Krankenhäusern regelmäßig ein Nierenversagen erleiden, das oft nicht früh genug erkannt wird? Die Einrichtungen kämpfen leider sehr häufig mit diesem Problem. Die Ursache liegt an den oft nicht vernetzten Patienten- bzw. Labordaten, die an verschiedenen Stationen bzw. bei verschiedenen Ärzten anfallen. Mit einem Alarmsystem, das auf Künstlicher Intelligenz beruht, würde der Austausch gelingen und damit das zugrunde liegende Datenproblem ein Ende haben.

Wir werfen nun einen Blick auf die vielfältigen Szenarien in der Wirtschaft und im öffentlichen Leben.

Anwendungsszenarien aus der Wirtschaft

Viele Unternehmen in Europa bieten beeindruckende Produkte, Geschäftsmodelle und Innovationen. Stellen Sie sich nun vor, dass einige davon besser vernetzt sind.

Eine Möglichkeit besteht zum Beispiel in der geteilten Produktion. Mehrere Unternehmen könnten auf eine unternehmensübergreifende Produktion zugreifen und Ressourcen deutlich besser nutzen. Das kann zum Beispiel bei der gemeinsamen Nutzung einer Schweißmaschine beginnen oder die gesamte Produktion eines Elektroautos sein.

Viel Potenzial hat zudem die Vernetzung eines gesamten Maschinenparks mit den Komponentenherstellern und Maschinenbauern. So könnten Beteiligte die verwendeten Anlagen langfristig weiter optimieren.

Beispiele für GAIA-X im öffentlichen Leben

Häufig scheitert der Datenaustausch zwischen öffentlichen Einrichtungen daran, dass keine gemeinsamen Standards bestehen oder diese den Datenschutz nicht einhalten könnten. GAIA-X wirkt diesen meist entscheidenden Stolpersteinen entgegen.

Denken Sie zum Beispiel an unsere Verkehrssysteme. Egal ob öffentlicher Verkehr, Autobahnen, Ampelsysteme oder die Fahrzeuge selbst – mit einer intelligenten und vernetzten Verkehrssteuerung ließe sich der Verkehrsfluss deutlich optimieren. Ein optimiertes Mobilitätssystem könnte beispielsweise Staus reduzieren und Menschen noch schneller von A nach B bringen – idealerweise auch umweltschonender.

Ebenfalls können die öffentliche Verwaltung und Bürger profitieren. Vernetzte Ämter könnten mit Chatbots rund um die Uhr Bürgern die Möglichkeit bieten, Anträge zu stellen oder Fragen zu beantworten.

Oder stellen Sie sich intelligente Gebäude vor, die auf KI basieren und miteinander verknüpft sind. Diese wären in der Lage Energie einzusparen und die Lebensbedingungen der Bewohner zu verbessern.

Die nächsten Schritte

Ob Smart City, Smart Living, Industrie 4.0, Mobilität, Umweltschutz oder Luft- und Raumfahrt – wie Sie sehen, sind die Anwendungsfelder von GAIA-X sind sehr vielfältig.

Aktuell bietet die Bundesregierung Firmen einen Förderwettbewerb, der bis Ende 2024 läuft. Unternehmen mit sinnvollen Anwendungen können für ihre Projekte zwischen 10 und 15 Millionen Euro erhalten.
Klingt das Projekt auch für Sie interessant? Dann erhalten Sie weitere Informationen unter: GAIA-X, direkt auf der Webseite des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWI).

Spannend bleibt definitiv, wie GAIA-X die digitale Infrastruktur in Europa formen wird und wie sich die digitale Zukunft langfristig entwickelt.