Kennen Sie das? Sie stehen unter Zeitdruck und müssen schnellstmöglich eine große Präsentation oder viele Dokumente versenden. Dann die ärgerliche Fehlermeldung: „Maximale Dateigröße überschritten“. Auf Empfehlung eines Kollegen installieren Sie in der Eile schnell einen Cloud-Dienst und teilen dort alle Dateien.
… Und schwups – schon ist dieses vermeintlich düstere Wesen im Hintergrund Ihres Unternehmens um eine weitere Installation gewachsen.
Für IT-Leiter, Administratoren und Verantwortliche der Datensicherheit gehen – verständlicherweise – regelmäßig die Alarmglocken los. Sie verlieren die Kontrolle und sorgen sich um die damit verbundenen Geister, die ihr Unwesen treiben – Sicherheitslücken, mögliche Cyber-Angriffe, Verletzung von Lizenzrechten und versteckte Kosten.
Wir betrachten die Schatten-IT einmal nicht als bedrohliches Wesen. Anstatt dessen nehmen wir eine Taschenlampe in die Hand und leuchten das unbekannte Phänomen aus.
Wagen Sie es, uns in diesem Artikel zu begleiten? Was versteckt sich dort? Verbergen sich in der Dunkelheit womöglich sogar Chancen und neue Möglichkeiten?
Ohne Kenntnis der IT-Abteilung – die Shadow IT
Wenn wir einen ersten Blick auf die Schatten-IT von Firmen werfen, dann sehen wir zunächst viele Umrisse von Fremdsoftware, die ohne das Wissen der IT-Abteilungen installiert wurde.
Diverse Cloud-Dienste, Social Tools, Software zur Selbstorganisation, E-Mail-Programme oder Anwendungen zur Dokumenten- und Fotobearbeitung geistern im Verborgenen herum und tummeln sich auf den Laptops von Mitarbeitern.
Aber auch komplette Support-Prozesse von Fachabteilungen, selbst programmierte Software oder Treiber von Hardware für Drucker, Router & Co befinden sich in den Tiefen der Arbeitsrechner.
Was bedeutet der Begriff „Schatten-IT“ also nun genau?
Dahinter verbirgt sich jegliche Nutzung von Software und Hardware, die nicht zur Verwendung im Unternehmen getestet und freigeschaltet wurde. Sie entzieht sich der Kontrolle und Sichtbarkeit der zentralen IT bzw. des IT-Service-Managements im Unternehmen.
Übliche Services, wie Datensicherung, Patch-Management oder User-Support entfallen oft, da Mitarbeiter sich die Software selbst zugelegt haben und sie auch alleine verwalten müssen.
Aktuell werfen Datenwolken immer größere Schatten. Viele Angestellte greifen vermehrt zu Cloud-Anwendungen, um ein paar Fotos vom letzten Workshop hochzuladen oder neue Aufgaben mit Kollegen zu teilen. Sie installieren sich Free Software, obwohl die vorgegebenen Anwendungen der Firma theoretisch die gleichen Funktionen hätten. Die Folge? Es entstehen parallele IT-Landschaften.
Meist entwickelt sich eine „offizielle“ von der IT-Abteilung verwaltete IT-Landschaft und eine „inoffizielle“, die von der jeweiligen Fachabteilung betrieben wird.
Doch warum ist das so? Was sind die Gründe für Shadow IT?
Die Ursachen von Schattensystemen
Die Gründe für Shadow IT können vielfältig sein. In der Regel handelt es sich um folgende Ursachen:
- Mitarbeiter wollen schnelle Individuallösungen
- Zuwachs von praktischen Cloud-Lösungen
- Viele Installationen benötigen keine lokalen Admin-Rechte mehr
- Prozess der offiziellen Software-Implementierung durch IT ist zeitaufwändig
- IT-Abteilungen kennen Bedürfnisse der Mitarbeiter nicht
- Kommunikationslücken zwischen IT und den Fachabteilungen
- Mehr Home Office – mehr eigene Software
- Zunehmende Selbstbestimmung von Mitarbeitern
- Noch stärkere Online-Kompetenzen der neuen Generationen Y & Z
- Verflechtung von privat genutzter Software und Business Tools (z. B. Terminkalender)
Ein natürlicher Wandel
Auch wenn sich Schatten-IT zunächst gefährlich und dramatisch anhört, es passiert einfach und gehört zum Lauf der Dinge. Ein Mitarbeiter, der eine Software entdeckt, welche seine Arbeit erleichtert, hält sich nicht lange mit umfangreichen Vorschriften der IT-Abteilung auf. Internetbrowser und E-Mail-Adresse – viel mehr braucht es häufig nicht, um sich einen Account zuzulegen oder eine Software herunterzuladen.
Auch einzelne Fachbereiche helfen sich häufig selbst aus, wenn IT-Abteilungen nicht rechtzeitig Lösungen liefern können.
An dieser Stelle ein Appell an alle IT-Leiter und Verantwortlichen: Verteufelt die Shadow IT nicht zu sehr! Schließlich brauchen Unternehmen motivierte und selbstbestimmte Mitarbeiter, die selbst Lösungen suchen und sich nicht ewig mit dem Wälzen von Problemen aufhalten. Auch wenn das etwas hart klingen mag – in der Vergangenheit haben es IT-Abteilungen oft versäumt, die richtigen Services zur richtigen Zeit zur Verfügung zu stellen. Dabei sind genau das die Kernaufgaben: Mithilfe von IT Services Fachabteilungen effizienter gestalten und damit zum Unternehmenserfolg beizutragen!
Aktuell befinden wir uns im Wandel. Um mit der Digitalisierung mithalten zu können, sollte sich das Selbstverständnis der IT-Abteilungen wandeln. Aufgeschlossenheit, Offenheit für Neues und Flexibilität sind enorm wichtige Eigenschaften für den Weg in eine noch stärker digitalisierte Zukunft.
Die Chancen der Schatten-IT
Wenn wir uns nun den geheimnisvollen Schatten genauer betrachten, eröffnen sich echte Vorteile.
Da viele Fachabteilungen selbst ganz genau wissen, welche Software für ihre Arbeit am besten geeignet ist und sich um einen Teil der IT selbst kümmern, nehmen sie dem IT-Leiter sogar Arbeit ab. Dadurch entsteht ein sehr agiles Vorgehen, mit dem es möglich ist, einzelne Geschäftsfelder schneller voranzubringen. Die IT-Abteilung hat so mehr Zeit für interne Beratungen und strategische Vorhaben.
Shadow IT entsteht vor allem, um sich sowohl die eigene Arbeit als auch Prozesse der Fachabteilungen zu vereinfachen. Hier steckt viel Potenzial, um ein Umdenken zu fördern und den Unternehmenserfolg voranzubringen.
Sollte sich zum Beispiel herausstellen, dass viele Mitarbeiter identische Tools herunterladen, um Zeit zu sparen, dann könnte dies eine Gelegenheit sein, die Software über die komplette Firma auszurollen.
Wie also können IT-Abteilungen die Chancen der Schatten-IT langfristig nutzen? Wie schaffen Sie es dieses Paralleluniversum besser zu überblicken und es womöglich zu verkleinern?
Raus aus der Komfortzone
Eine komplette Wiederbelebung von zentralisierten IT-Lösungen wird eher nicht eintreten. Das widerspricht den aktuellen Entwicklungen der Digitalisierung. Daher müssen Alternativlösungen her.
Wichtig ist, dass IT-Abteilungen im ersten Schritt Akzeptanz und Verständnis für die neuen Umstände aufbringen. Anschließend ist an der Zeit die Ärmel hochzukrempeln und sich von Altlasten zu befreien.
IT-Abteilungen und Fachbereiche sollten sich von überflüssigen Tools, aber auch von festgefahrenen Standpunkten und Konflikten untereinander verabschieden. Wichtig ist, dass beide Seiten die jeweiligen Bedürfnisse und Herausforderungen besser verstehen. Auch wenn es anfangs ungemütlich ist, nur mit einem offenen Dialog kann ein gemeinsamer Weg gelingen.
Also raus aus Euren Komfortzonen!
Konkrete Wege aus der Schatten-IT
Wie kann nun der Weg aus der Shadow IT gelingen? Wir empfehlen für einen Neustart die Wiederbelebung von verstaubten Key-User-Konzepten und eine damit verbundene Etablierung eines IT Boards.
Das IT Board sollte aus diesen Beteiligten bestehen:
- Key User
- Prozessverantwortliche aus den Fachabteilungen
- IT-Spezialisten aus der IT-Abteilung
Das IT Board ist in erster Linie dazu da, den Dialog zu suchen und zu pflegen. Erfahrungsgemäß werden in diesem Rahmen die beidseitigen Anforderungen und Herausforderungen für alle Beteiligten viel klarer.
Anschließend ist es Zeit für eine gemeinsame Erarbeitung einer neuen Digitalisierungsstrategie, die sich an der gesamten Strategie und den Unternehmenszielen Ihres Unternehmens ausrichtet.
Etablieren Sie eine langfristig stabile IT-Landschaft
Anhand eines drei- bis maximal fünf Jahresplans sollte das IT Board eine moderne und zukunftsfähige IT-Landschaft implementieren, die folgende Handlungsfelder umfasst:
- Infrastruktur
- Workplace
- Communication
- Collaboration
- Application
- Governance
Für eine stabile IT-Landschaft ist ein Demand und Change Management Prozesses entscheidend. Auch diese Aufgabe übernimmt zukünftig das neue IT Board. Bei allen neuen Anforderungen (= Demand Management) oder Änderungswünschen (= Change Management) sollte das neue Gremium hinzugezogen werden.
Mit den eben genannten Werkzeugen hat Ihr Unternehmen optimale Voraussetzungen, um IT und Business zukünftig besser zu verzahnen.
Unser Rat an dieser Stelle: Denken Sie bei der Einführung neuer Prozesse immer daran das „Why“ zu vermitteln! Stellen Sie die jeweiligen Vorteile für die neuen Projekte heraus.
Als Beispiel: Bei der Einführung eines abteilungsübergreifenden Kollaborations-Tools müssen keine doppelten Aufgabenlisten mehr geführt werden. Auch die Umsetzung neuer Projekte ist auf einer einzigen Plattform leichter umsetzbar. Kommunizieren Sie genau diese Chancen!
Licht in die Schatten-IT
Wenn wir genau wissen, wie das Monster unter unserem Bett aussieht, können wir besser damit umgehen, als nur zu ahnen, ob es wirklich zur Gefahr werden könnte. Vielleicht ist es gar nicht so bedrohlich…
Also beschäftigt Euch mit der Schatten-IT. Seid offen für Neues und wagt neue Wege, sobald sich neue Chancen ergeben. Feinjustierungen oder neue Entscheidungen werden dabei immer notwendig sein, wenn Ihr neue Trends und Technologien verfolgt.
Wenn dies alles im Dialog zwischen Fachabteilung und IT gelingt, können Sie die Shadow IT in erfolgreiche Prozesse für Ihr Unternehmen verwandeln!